Loewes Reisen
Loewe unternahm in den Jahren 1826 – 1847 ausgedehnte „Kunstreisen“ innerhalb Deutschlands, aber vor allem auch nach Österreich und England. Auf allen diesen Reisen trug er seine Lieder und Balladen vor und begleitete sich selbst am Flügel. Er nutzte diese Reisen auch, um Kontakte zu Verlegern zu knüpfen und zu pflegen und sich mit Freunden und Kollegen auszutauschen.
Obwohl diese Reisen fast immer in der Ferienzeit stattfinden mussten und viele Vertreter der jeweiligen “Gesellschaft“ selbst in den Ferien waren, erzielte er großes Ansehen als Komponist, Sänger und Pianist. Private Auftritte und das Zusammentreffen mit bekannten Musikern seiner Zeit wie z. B. Mendelssohn und Schumann, Gespräche mit Dichtern wie Rückert, mit Gleichgesinnten wie z. B. Goethes Enkel Walther oder dem Maler Hildebrandt beflügelten sein musikalisches Schaffen.
Hervorzuheben sind seine Reisen nach Wien (1844), wo er als „Schubert des Nordens“ große Anerkennung fand und nach London (1847), wo er vor Königin Victoria und Prinz Albert brillierte.
Seine späteren Reisen (1851 nach Norwegen; Anregungen zur Ballade „Odins Meeresritt“) und 1857 nach Le Havre an der Kanalküste waren privater Natur.
Danach lebte Carl Loewe still und zurückgezogen im Kreise seiner Familie in Stettin; die Zeit seiner großen äußeren Erfolge war vorbei.
Im Jahr 1835 reiste er über Berlin, Dresden und Leipzig nach Mainz zur Aufführung seines Vokal-Oratoriums Die eherne Schlange, die nach der Erstaufführung am nächsten Tage wegen der großen Resonanz wiederholt wird. Der dortige Liederkreis hat daraufhin Loewe zu seinem Ehrenmitglied ernannt. In Dresden und Leipzig gibt Loewe kleinere Balladenabende. Auf dem Rückweg leitete er in Jena die letzten Proben seines großen Oratoriums Die Apostel von Philippi und trifft seinen alten Studienfreund Keferstein (Autor des Romans „König Mys von Fidibus“ – als Original im Carl-Loewe-Museum zu sehen). In Weimar machte er der Großherzogin Maria Pawlowna seine Aufwartung und trifft im Hause Goethe dessen Enkel Walther, der später sein Schüler wird.
Im Jahr 1837 – auf dem Höhepunkt seiner Popularität – reiste er nach Mainz zu einem großen Sängerfest aus Anlass der Enthüllung des Johann-Gutenberg-Denkmals. 14.000 Gäste waren aus diesem Anlass nach Mainz gekommen. Das vom ihm komponierte Auftragswerk – das Oratorium Gutenberg (ein Notenerstdruck ist im Carl-Loewe-Museum zu sehen) wurde am 14. August aufgeführt in Anwesenheit des Prinzen Wilhelm, des späteren ersten Kaisers des Deutschen Reiches. Einige Tage später fand ein Loewe-Konzert vor ausgewählter Zuhörerschaft statt.
1844 reiste Loewe nach Wien. Dabei benutzte er erstmalig eine Teilstrecke der neuen Eisenbahn Magdeburg-Köthen-Halle-Leipzig, die dicht an Löbejün vorbei führte. Durch die Unterstützung von Walther von Goethe konnte Loewe einige Kontakte knüpfen und seine Balladen bei privaten Einladungen vortragen. Seine Vortragskunst sprach sich herum, und er erhielt weitere Möglichkeiten für Konzerte und Gesprächen mit Musikverlegern.
Auf Einladung des englischen Königshofes hatte Carl Loewe die Möglichkeit, vor der Königin Victoria, Prinz Albert und vielen weiteren Angehörigen und Gästen des Königshauses seine Kompositionen vorzutragen. Unglücklicherweise wurde Loewe gleich bei seiner Ankunft im Mai 1847 heiser, so dass er bei seinem ersten Auftritt improvisieren musste und nur einige Balladen und die Zigeunersonate am Flügel vortragen konnte.
Bei einer erneuten Einladung Anfang Juni in den Buckingham-Palast war er wieder bei Stimme und konnte in gewohnter Weise brillieren. Gesang und Klavierspiel beeindruckten das Königspaar. Später berichtete seine Tochter Helene, dass aus mündlichen Mitteilungen ihres Vaters bekannt ist, „dass der Prinzgemahl mit lebhaftem Interesse seinem Balladenvortrag gefolgt ist, dass er ihm eigenhändig die Noten gewendet hatte. Viele große englische Familien suchten Loewe, nachdem sein Ruf in London festen Boden gefasst hatte, in ihre Zirkel zu ziehen. Doch riefen ihn seine amtlichen Pflichten in die Heimat zurück.“